Sonne und Schnee als Entwurfsfaktor - Swisspearl
Varia gg fisch zuchtVaria gg fisch zucht

Fischzucht, Klosters

Solarmodule

Sonne und Schnee als Entwurfsfaktor

2025-06-02 4 min

Der Neubau für eine Fischzuchtanlage in Klosters setzt architektonisch und technisch neue Massstäbe: Das markante Dach trotzt enormen Schneelasten, während eine dachintegrierte Photovoltaik-Anlage genug Strom für den eigenen Betrieb liefert.

Der Neubau steht am südlichen Dorfrand von Klosters, eingebettet in eine fast malerische Landschaft zwischen Seewässerlibach und Cappsee. Seine helle Fassade aus regionaler Fichte wird sich mit den Jahren den dunkleren Nachbarsbauten angleichen, doch mit seinem expressiven Dach hebt sich das Gebäude – vor allem aus der Ferne und von oben – deutlich ab.

 

Fish farming, Klosters, CH
Fish farming, Klosters, CH

Das Amt für Jagd und Fischerei betreibt die Fischzuchtanlage in Klosters bereits seit hundert Jahren. In grossen Becken werden Eier von Bach- und Regenbogenforellen ausgebrütet. Auch Namaycush werden gezüchtet; der kanadische Bergsaibling hält sich gerne in tieferen, kälteren Bereichen von Bergseen auf. Die grösseren Jungfische schwimmen in acht Naturteichen im Süden der Anlage. Je nach Bedarf werden sie von dort in die Natur ausgesetzt, um den Fischbestand in Bündner Gewässern zu erhalten.

Im früheren Gebäude hatte der Vorgänger des heutigen Fischereiaufsehers noch mit seiner Familie gewohnt. Das 1924 erstellte Wohnhaus hatte man rund zwanzig Jahre später um ein Bruthaus ergänzt. Den Bestand zu erhalten statt ihn zu ersetzen, habe man sich gründlich überlegt, sagt Kantonsbaumeister Andreas Kohne. Doch der über die Jahre gewachsene Bau mit den vielen Niveauunterschieden war für den Betrieb nicht geeignet. «Man musste mit den Fischen und Gerätschaften im Bestandesbau zu viele Treppen überwinden», sagt Kohne. Im Neubau konnten die betrieblichen Abläufe optimal umgesetzt werden. «So sind wir für die nächsten hundert Jahre gerüstet.» Ein weiterer Vorteil: Neben der Fischereizucht konnten auch die Räume und Arbeitsplätze der Wildhüter untergebracht werden.

Das Innenleben bestimmt die Form

Auch wenn der Neubau mit seiner expressiven Architektur ein Hingucker ist: Seine Form ist aus der Nutzung im Innern abgeleitet. Da in Klosters sehr oft Schnee liegt, wünschten sich die Mitarbeitenden eine geschützte Erschliessung. «Da wir zwei Temperaturzonen unterbringen mussten, ordneten wir diesen Zugang in der Mittelachse an», erläutert Flurin Federspiel von Jüngling Hagmann Architekten. Links davon befinden sich nun im weniger gedämmten Hausteil die Fischzucht sowie die Kühlräume des Wildhüters. In der rechten Gebäudehälfte sind Büros und Sitzungszimmer angesiedelt. Mit dem Auto können der Fischereiaufseher und sein Team aber nicht nur in die Mitte des Hauses fahren, um etwas abzuladen und via Kran auf der Galerie in den Fischzuchtbereich zu hieven. Durch ein weiteres Tor kann die Fahrt zu den acht Teichen weitergehen.

Für die Fundamente, die Bodenplatte und die Wände im Erdgeschoss kam Recyclingbeton zum Einsatz, da Schnee und im Fischzuchtbereich Wasser dem Holz zu schnell zugesetzt hätten. Ausserhalb des sogenannten Spritzbereichs ist Holz das vorherrschende Material. Es wurde weder gestrichen noch veredelt. Die Fassade aus regionaler Fichte wird durch ein Pfostenraster gegliedert. Da und dort sind Ornamente in die Fassade geschnitten, die auf die lokale Bautradition verweisen.

Das geknickte Dach liefert Strom

Das Dach folgt der Raumorganisation. Der höchste Punkt befindet sich über der Galerie in der Hausmitte, von da knickt es auf beide Seiten. «Die Entwicklung der Dachform war eine längere Geschichte», sagt Kantonsbaumeister Kohne. Da der Neubau ein relativ grosses Gebäude sei, wäre das Volumen ohne Knicke viel grösser geworden. Doch wie viele Knicke verträgt es, und wie passt das alles ins Baugesetz? Eine zusätzliche Herausforderung, gerade in einer Berggemeinde wie Klosters, war die Indach-Photovoltaik-Anlage. «Man sieht das Dach von den umliegenden Bergen als fünfte Fassade, deshalb musste es eine gute Lösung sein», so Kohne.

Fish farming, Klosters, CH

Bei der Bemusterung fielen Module, die nicht matt sind, gleich zu Beginn raus. Damit nahm die Bauherrschaft in Kauf, dass die Anlage etwas weniger effizient ist. «Dafür ist sie zu hundert Prozent auf der sicheren Seite, dass keine Blendungsprobleme auftauchen», sagt Franz Watschinger, der für die Firma Steinmann das Dach und die Photovoltaik-Anlage verantwortete. Zum Einsatz kamen letztlich zwei unterschiedliche Standardgrössen von Swisspearl: beide 78 Zentimeter hoch und je 1,01 respektive 1,38 Meter breit. Grössere Module sind in Klosters nicht geeignet. «Bei grossen Modulen besteht die Gefahr, dass sie unter den massiven Schneelasten brechen», so der Dachdecker. Wegen ebendieser Schneelasten standen die Module von Swisspearl schon früh in der engsten Auswahl. Wenn man mit grossen Schneelasten rechnen müsse, seien sie am besten geeignet, sagt Franz Watschinger, «denn es sind Glar-Glas-Module, die eine Belastung von 10.5 kN/m2 aushalten.»

Aufgrund der Dachform war es nicht ganz einfach, die Module zu platzieren. Architekt und Dachdecker erarbeiteten Hand in Hand eine Lösung, die möglichst viele Module erlaubt und dennoch ästhetisch wirkt. Letztlich passten 460 Module auf das Dach. Die Restflächen wurden mit schwarz beschichtetem Aluminium eingedeckt.  

Mit einer optimalen Planung und Verstringung der Module gelang es auch, jedwede Verschattung zu verhindern. Ein zentrales Kriterium für ein Solardach. Denn schon wenige verschattete Module können zu erheblichen Ertragsverlusten führen. Die Abluftrohre wurden deshalb nicht über das Dach geführt, sondern treten aus der Fassade aus. Unter den Schneefangvorrichtungen wurden zudem statt Solarmodule, eine Unterkonstruktion mit Aluminiumblech in gleicher Farbe wie die Module verlegt.  

«Auf die Schneefangvorrichtungen hätten wir gerne verzichtet», sagt Architekt Federspiel. Das war im oft verschneiten Bergdorf logischerweise nicht möglich. Dagegen konnte die Regenrinne ohne Fallrohre ausgeführt werden. Dank des Dachgefälles fliesst das Wasser seitlich über schlichte Wasserspeier ab.  

Die Photovoltaik-Anlage produziert rund 85 Megawattstunden Strom, so viel wie etwa 21 4-Personen-Haushalte benötigen würden. Die Mehrheit des Stroms wird allerdings direkt vor Ort verbraucht, da der Wasserhaushalt für den Fischzuchtbetrieb sehr stromintensiv ist. 

Wenig Technik, wenig Wartung

In der Fischzucht ist Technik unverzichtbar – etwa bei der Wasseraufbereitung, der Brutsteuerung oder der Beckenüberwachung. Für die Gebäudetechnik hingegen wurde ein Lowtech-Ansatz gewählt. «Aufgrund unserer Erfahrung mit den Bauten, die wir unterhalten, lassen wir lieber weg, was nicht unbedingt nötig ist», sagt Andreas Kohne. Die Belüftung erfolgt deshalb über Lüftungsfenster, die bei Bedarf von Hand geöffnet werden.  

Der Kanton wie auch die Mitarbeitenden der Fischzucht sind sehr zufrieden mit dem neuen Gebäude, sagt Kantonsbaumeister Kohne. Auch die Gemeinde Klosters ist der Überzeugung: Wenn Photovoltaik, dann so.   

«Mich erinnert das Dach in seiner Form an den Gotschna», sagt Architekt Federspiel. Der Gotschna ist der Hausberg von Klosters. Das scheint doch passend.

discover_fish_farming_1
discover_fish_farming_2
discover_fish_farming_3

Ersatzneubau Betriebsgebäude Fischzuchtanlage, Klosters
Kanton Graubünden, vertreten durch das Hochbauamt Graubünden, Chur
Fotos: Yanik Bürkli Fotografie, Bonaduz

Objekt: Ersatzneubau Betriebsgebäude Fischzuchtanlage, Klosters

Bauherrschaft: Kanton Graubünden, vertreten durch Hochbauamt Graubünden, Chur

Architektur: Jüngling Hagmann Partner AG, Chur

Lieferant Photovoltaik-System: Swisspearl Schweiz AG, Niederurnen

Ausführung Dacharbeiten und Photovoltaik: Thomas Steinmann AG, Saas i. P. 

Welche Sprache sprechen Sie?
swisspearl.com/de-ch/_sonne-und-schnee-als-entwurfsfaktor