In unseren Städten und auf dem Land stehen viele Gebäude, über die kaum gesprochen wird – und doch erfüllen sie wichtige Funktionen. Wenn Bauwerke in erster Linie praktischen Zwecken dienen, etwa dem Parken oder der Lagerung, spricht man von Nutzarchitektur. Ein Beispiel dafür ist der Veloturm am Bahnhof in Mühlacker, einer mittelgrossen Stadt in Baden-Württemberg.
Die Schweizer Firma V-Locker entwickelt und baut automatische Velo-Abstellanlage. Auf einer Fläche von zwei Autoparkplätzen bringen sie bis zu 30 Veloparkplätze unter. Die Velos werden in einzelnen Boxen verschlossen. Der Mechanismus ähnelt dem eines Paternosters. In Mühlacker hat der Veloturm eine Grundfläche von etwa 6 mal 10 Metern und bietet Platz für bis zu 120 Velos. Pendler können hier ihr Velo sicher parken, bevor sie mit dem Zug weiterfahren.
„Die Konstruktion des Turms besteht aus Aluminium und Stahl und lässt sich innerhalb von nur zwei Wochen auf einem vorbereiteten Fundament montieren. Sämtliche Bauteile werden in einer Fabrik vorgefertigt. Die Gestaltung der Fassade ist dabei flexibel: Bei dem einen Turm kam Faserzement zum Einsatz, bei einem anderen Holz oder Metallpaneele. Der Turm in Mühlacker kombiniert eine Holzverkleidung mit einer integrierten Solarfassade auf der Südseite. Ursprünglich hatte die Stadt geplant, die Solarpaneele auf dem Dach zu installieren. Doch da dort nur wenig Platz zur Verfügung steht und die Wartung erschwert wäre, schlug Eduardo de Magalhães, COO der Firma Locker, stattdessen eine Solarfassade vor. Die Stadt reagierte zunächst skeptisch: Das wirke optisch nicht ansprechend und würde in der Bevölkerung auf Ablehnung stossen.
Die Firma V-Locker, die mit BAO-Architekten aus Dietikon zusammenarbeitet, schlug dann Solarpaneele der Firma Swisspearl vor, da diese klein, modular und zugleich ästhetisch ansprechend sind. Die Solarmodule von Swisspearl sind rahmenlos und können nahtlos in die Fassade integriert werden und sind zudem mit einer der modernsten Zelltechnologien ausgestattet. „Die Module sind leistungsstark, modular und relativ klein und damit gut für uns händelbar, sie könne einzeln und flexibel montiert werden, sagt Eduardo Magalhães. „Wir werden oft gefragt, ob das Objekt in Mühlacker schon gebaut wurde, weil das auch auf den Bildern noch immer wie neu ausschaut, sagt Magalhães und ergänzt: „Die Fassade ist sehr wartungsarm, schaut wirklich noch wie neu aus.“ Die 28 Modulen erzeugen mit einer Gesamtleistung von ca. 5,46 kWp an sonnigen Tagen viel mehr Strom als der Betrieb des vollautomatischen Fahrradparkhauses benötigt. Daher könne man den Strom auch für Ladestationen von E-Bikes nutzen, wie es andernorts schon gemacht wird.
Für eine vollautomatische Velo-Abstellanlage gibt es keine uns bekannte Gebäudeform, aus der wir gleich auf diese Nutzung schliessen könnten. Das wird sich vielleicht ändern, wenn die sanfte Mobilität zur Normalität wird. Auch beim Salzsilo in San Bernardino erschliesst sich die Funktion nicht auf den ersten Blick. Zwar würden wir ein Salzsilo erkennen, wenn es die für diesen Bau typische zylindrische oder konische aufgeständerte Form hat. Doch das Bundesamt für Strassen (ASTRA) entschied sich bewusst gegen ein Standardprodukt. Es beauftragte am-t architettura, ein Architekturbüro aus dem Tessin mit einem Entwurf. Entstanden ist ein zurückhaltender, elegant wirkender Baukörper mit einem eingeschossigen Anbau. Der turmartige Kubus besteht aus einem etwa fünf Meter hohen Sockel aus Sichtbeton und einem rund doppelt so hohen, dunkel verkleideten Aufbau, in dem das Salz gelagert wird. Die Streufahrzeuge fahren ins Erdgeschoss und werden dort befüllt. Die besondere Eleganz des Gebäudes ergibt sich aus seiner klaren, kubischen Form und der dunklen, fugenlosen Fassade. An der Nordseite kamen unbeschichtete Faserzement-Wellplatten von Swisspearl zum Einsatz – ein Material, das auf natürliche Weise altert und im Laufe der Zeit eine charakteristische Patina entwickelt. Die übrigen drei Fassaden sind in dunklem Anthrazit gehalten und mit Solarmodulen sowie gleichfarbigen Faserzementplatten bekleidet. Der Unterschied zwischen beiden Materialien ist kaum wahrnehmbar.
Die Architekten wählten für die Fassade des Salzsilos "Sunskin Flat" von Swisspearl. Module, die nahtlos in die Fassadenfläche integriert werden können. Da die Solarmodule auf derselben hinterlüfteten Unterkonstruktion wie Faserzement oder Holz montiert werden, lassen sich diese Elemente gut miteinander kombinieren. Gerade an Fassadenstellen, auf die die Sonne kaum oder gar nicht scheint und damit das Anbringen von Solarmodulen wenig sinnvoll ist, wurden die Solarmodule mit Fassadenplatten aus Faserzement ergänzt. Die Anlage am Salzsilo in San Berardino hat eine installierte Leistung von 33.86kWp.
Beim Salzsilo in San Bernardino war auch der Brandschutz ein Thema, da das Gebäude höher ist als 11 Meter. Ab dieser Gebäudehöhe dürfen nur mehr Glas-Glas Module zum Einsatz kommen mit einer Glasdicke von mindestens 2 x 4 Millimeter. Die Sunskin-Solarmodule sind Glas-Glas-Module, bei denen die Solarzellen geschützt zwischen zwei 4 Millimeter starken TVG Glasplatten liegen. Damit erfüllen die Module die Brandschutzvorschriften für Gebäude höher als 11 Meter. Sie sind sehr robust und langlebig. Die Gläser sind als Standardsolargläser, satiniert und auch in fünf Farben erhältlich.